Frauen in der digitalen Transformation

Sind wir mit Blick auf die Entwicklungschancen von Frauen in der digitalen Transformation auf dem richtigen Weg? Tun wir genug, um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und die Risiken zu minimieren? Und: Wie gelingt insgesamt der Aufbruch in die digitale Zukunft? Um diese Fragen ging es bei der Veranstaltung „Frauen in der digitalen Transformation“, die am 16. Januar 2019 im Rahmen der Vortragsreihe „Internet und Gesellschaft“ des Bayerischen Forschungsinstitut für digitale Transformation (bidt) in München stattfand. Die Resonanz der rund 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Saal und der rund 500 Menschen, die den Abend online verfolgt haben, zeigt: Das Thema von #WomenDigit ist aktueller denn je.

„Wir wollen die Menschen zu Gestalterinnen und Gestaltern der digitalen Welt machen“. ISF-Wissenschaftlerin Dr. Kira Marrs brachte in ihrem Einführungsvortrag das Projektziel auf den Punkt. Sie ist überzeugt: Die digitale Transformation bietet Chancen für mehr Gendergerechtigkeit und Chancengleichheit.

« Wir wollen die Menschen zu Gestalterinnen und Gestaltern der digitalen Welt machen. «
Dr. Kira Marrs

Ob sie zum Tragen kommen und damit ein Aufbruch in Richtung einer insgesamt nachhaltigeren Arbeitswelt möglich wird oder ob am Ende die Risiken überwiegen steht und fällt für sie mit einem Perspektivwechsel auf drei Ebenen: einer Gesellschaft, die sich für einen Umbau des Erwerbssystems und einen sinnvollen Einsatz der Produktivitätsgewinne aus der Digitalisierung stark macht, Unternehmen, die für den „Positiventwurf“ einer neuen Arbeitskultur stehen und empowerter Beschäftigter, die diesen Positiventwurf aktiv mit ihrem individuellen Know-How voranbringen.

Wie reflektiert die Praxis die gegenwärtige Umbruchsituation? Hierüber diskutierte unter der Moderation von ISF-Vorstand Prof. Dr. Andreas Boes ein hochkarätig besetztes Podium. Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall, fehlt in vielen Unternehmen eine zielgerichtete Analyse und eine digitale Strategie, die Klarheit schafft über Qualifizierungsbedarfe und neue Tätigkeitsfelder – vor allem mit Blick auf Frauen.

« Ich möchte gut bezahlte Arbeit für Frauen, mit der sie ihr Leben ökonomisch gut bestreiten können, und dies in möglichst vielen Branchen. «
Christiane Benner

Sie lenkt den Fokus auf den kaufmännischen Bereich. Buchhaltung, Sachbearbeitung oder auch der Verkauf: Hier gibt es viele Frauenarbeitsplätze, können viele Prozesse automatisiert werden. Hier vor allem bedarf es gegenwärtig einer sozialen Gestaltung der digitalen Transformation. Denn Benners Kernanliegen ist: „Ich möchte gut bezahlte Arbeit für Frauen, mit der sie ihr Leben ökonomisch gut bestreiten können, und dies in möglichst vielen Branchen“.

Auch Janina Kugel, Vorstandsmitglied und Arbeitsdirektorin der Siemens AG, plädiert dafür, die Dinge in die Hand zu nehmen statt in einem Angstszenario zu verharren. Sie betont: „Wir brauchen mehr Experimentierfreudigkeit, mehr Eigeninitiative und eine neue Kultur des kontinuierlichen Lernens“. Sie sieht Unternehmen und Gesellschaft in der Verantwortung diejenigen mit Blick auf digitale Technologien kontinuierlich weiter zu bilden, die bereits im Berufsleben stehen.

« Wir brauchen mehr Experimentierfreudigkeit, mehr Eigeninitiative und eine neue Kultur des kontinuierlichen Lernens. «
Janina Kugel

Kugel beobachtet aber auch starke Kräfte, die an alten Hierarchiemustern und einem veraltetem Gesellschaftsverständnis festhalten. Dies blockiere den notwendigen Kulturwandel. Ohne neue Policies an den entscheidenden Machtpositionen werde er nicht gelingen.

„Wenn wir neue Technologien in die Welt bringen wollen, schaffen wir das nicht mit einem alten hierarchischen Führungsstil.“. Hiervon ist auch Miriam Wohlfarth, Gründerin und Geschäftsführerin des Fintech-Unternehmens RatePAY, überzeugt Stattdessen gehe es darum, sich mit den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auseinanderzusetzen und auch die in Verantwortung zu bringen, die vielleicht viel jünger sind und anders denken.

« Wenn wir neue Technologien in die Welt bringen wollen, schaffen wir das nicht mit einem alten hierarchischen Führungsstil. «
Miriam Wohlfarth

Und sie verweist auf ein weiteres Fokusthema: eine andere Bildung für Kinder, Jugendliche und vor allem Mädchen, die zeigt, dass Technik auch Spaß machen kann. Denn Programmierer, das weiß Wohlfahrt aus ihrer eigenen Firma, sind die Handwerker der Zukunft. Ein klareres Bild von der Zukunft zeichnen: Das ist insgesamt ihr Appell.