Werkstattbericht AUDI AG: Statement Armin Binner

 

Entscheidend ist das Miteinander: Statement von Armin Binner

Armin Binner ist ein echter „Audianer“ und kennt die taktgebundene Produktion am Band aus eigener Erfahrung. Für ihn ist klar: Ohne neue Führungskonzepte und Beteiligungsformen sind die Herausforderungen der Zukunft nicht zu meistern – auch nicht für ihn als bereichsverantwortlichen Betriebsrat. Für Flexibilisierungen der bislang starren Schichtsysteme engagiert sich Binner schon lange. Als Mitglied des Lenkungskreises hat ihn vor allem die agile Arbeit auf Augenhöhe im Lab-Team beeindruckt.

Die Produktion: Blick in die Audi-Lackiererei in Ingolstadt © Audi AG

Mit der Umstellung auf automatisierte Fertigungsprozesse haben wir gemeinsam mit den Beschäftigten der Lackiererei einen schwierigen Umbruch erfolgreich gestemmt. Die Digitalisierung und die Transformation hin zur E-Mobilität, aber auch die veränderten Erwartungen und Bedürfnisse unserer Belegschaft stellen uns jetzt vor neue Herausforderungen. Ein Thema, das mich dabei umtreibt und für das ich mich persönlich schon lange einsetze, ist die Frage: Wie können wir es auch in der getakteten Produktion den Kolleginnen und Kollegen ermöglichen, ihre Arbeitszeit flexibel zu gestalten und so eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben zu schaffen? Sie haben einen Rechtsanspruch, über die Lage der Arbeitszeit mitzubestimmen, wenn sie in Teilzeit arbeiten. Der aktuelle Tarifvertrag garantiert zudem eine verkürzte Arbeitszeit, ohne dabei Vorgaben zu machen, wie diese aufgeteilt werden soll. In der Realität aber können viele Mitarbeitende – meist diejenigen, die es, wie zum Beispiel die alleinerziehende Mutter, am meisten brauchen – diese Freiheiten nicht nutzen, weil ihre Arbeit Flexibilisierungen im Moment nicht zulässt.

Wertvolle Erfahrung

Es gibt also dringenden Handlungsbedarf. Mit dem Pilotversuch „Flexibles Arbeiten in der Schicht“, den wir im Rahmen des Betrieblichen Praxislaboratoriums auf den Weg gebracht haben, können wir nun erstmals zeigen: Es funktioniert. Wir setzen Beschäftigte in der taktgebundenen Fertigung flexibel ein. Auch wenn es noch einige Hausaufgaben für die weitere Umsetzung zu erledigen gibt, haben wir damit einen wichtigen Meilenstein erreicht. Entscheidend für diesen Erfolg ist das Miteinander. Management, Führungskräfte, Betriebsräte, Belegschaft, Personalabteilung und Wissenschaftlerinnen haben in diesem Lab ihre unterschiedlichen Blickwinkel eingebracht und an einem Strang gezogen. Es ist uns gelungen, die direkt Betroffenen mitzunehmen. Was mich dabei wirklich beeindruckt hat? Ich konnte beobachten, wie die Beschäftigten, die sich im Lab-Team engagieren, sich immer wieder auf Neues eingelassen haben, ergebnisoffen waren, dabei das eigentliche Ziel nie aus den Augen verloren haben und mit ihren Aufgaben auch gewachsen sind.

„Es ist uns gelungen, die direkt Betroffenen mitzunehmen.“

 

Auch für mich ist das Lab eine wertvolle Erfahrung. Als Betriebsrat und für die Lackiererei zuständiges Mitglied des Betriebsausschusses setze ich auf die Eigeninitiative von Vertrauensleuten und Gewerkschaftsmitgliedern, wenn es darum geht, Ziele zu definieren. Die Betroffenen selbst sollen sagen, an welcher Stelle was passieren muss. Mit dem agilen Vorgehen im Lab, der systematischen Arbeit in Zyklen und der ständigen Reflexion des Erreichten habe ich eine völlig neue Methode kennengelernt, um auch neue Themen voranzubringen – vor allem Themen, die viel Überzeugungsarbeit brauchen. Beim Thema „Flexible Arbeitszeiten in der Schicht“ jedenfalls liegt noch viel Arbeit vor uns. Jetzt geht es darum, unser neues Modell mit den notwendigen Leitplanken zu versehen und zu prüfen, in welchen Bereichen der Lackiererei wir es realistisch einsetzen können und welche anderen Gewerke, zum Beispiel in der Montage, noch davon profitieren können.


Armin Binner

Armin Binner ist in der Audi-Lackiererei, Gastronomie und Werksicherheit in Ingolstadt verantwortlich für die komplette Betriebsratsarbeit und -politik. Der ausgebildete Industriemechaniker startete seine Karriere bei Audi 1997 als KTL-Schleifer. Der 45jährige hat neun Jahre in der Instandhaltung gearbeitet, seit 2005 gehört er der Vertrauenskörperleitung an und seit 2009 dem Betriebsrat, dessen Bereichs-Vorsitz er seit 2018 innehat.